Tötet Bravecto wirklich Hunde? Faktencheck und Klartext für Hundebesitzer

Tötet Bravecto wirklich Hunde? Faktencheck und Klartext für Hundebesitzer

Lesedauer: ca. 4 Minuten

Zeckenschutz für Hunde ist ein Thema, das viele Herzen höher schlagen lässt – leider oft vor Angst statt vor Freude. Wer sich ein wenig im Internet umsieht, liest schnell Schlagzeilen, die Bravecto, eine Tablette gegen Zecken und Flöhe, als „Teufelszeug“ brandmarken. Doch was steckt dahinter? Ist Bravecto gefährlich oder sogar tödlich für Hunde, oder handelt es sich um ein Missverständnis? In diesem Beitrag bringe ich Licht ins Dunkel, räume mit Mythen auf und erkläre, wie Tierärzte das Thema sehen.

Was ist Bravecto überhaupt?

Bravecto ist der Handelsname für den Wirkstoff Fluralaner, der in Form einer Kautablette an Hunde gegeben wird. Das Ziel: Schutz gegen Zecken und Flöhe. Wer bisher Spot-on-Präparate (also Tropfen auf den Nacken) genutzt hat, kennt vielleicht das Problem: Wenn das Mittel nicht auf die Haut, sondern nur ins Fell tropft, wirkt es nicht richtig. Hier bieten Kautabletten eine praktische Alternative, denn sie lassen sich einfach und zuverlässig dosieren.

Die Wirkung von Bravecto hält laut Fachinformation etwa 12 Wochen an und macht das Produkt für viele Hundebesitzer besonders attraktiv. Mehr Infos dazu bietet die offizielle Fachmeldung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

Nutzwert von Zecken- und Flohschutz

Zecken und Flöhe sind nicht nur ein Ärgernis, sondern sie übertragen auch Krankheiten wie Borreliose oder Babesiose. Da es mittlerweile selbst in kälteren Regionen Zecken gibt, nimmt ihr Risiko für Hunde kontinuierlich zu. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Hunde und Katzen das ganze Jahr über Schutz brauchen. Der Wunsch nach einer unkomplizierten und zuverlässigen Lösung ist nachvollziehbar.

Wie kam es zum Bravecto-Shitstorm?

Die Kontroverse um Bravecto entflammte 2016, als ein Hundebesitzer namens Herr van de Sande in den Niederlanden nach der Tablettengabe den Tod seines Hundes beklagte. Zwei Tage nach der Verabreichung traten Symptome wie Fieber und neurologische Auffälligkeiten auf, ein Hund starb schließlich an einer Bauchspeicheldrüsenentzündung. Der Zusammenhang wurde schnell hergestellt: Tablette gegeben, Hund erkrankt – also muss Bravecto schuld sein. Diese Theorie verbreitete sich in sozialen Netzwerken rasant.

Doch reicht eine zeitliche Nähe aus, um eine Ursache zu beweisen? Nicht wirklich. Es ist wie beim Beispiel aus der Tierarztpraxis: Nur weil ein Tierarzt das Herz abhört und der Hund später einen Unfall hat, ist nicht das Abhören schuld. Auch bei Medikamenten muss genau geprüft werden, ob ein Zusammenhang wirklich besteht.

Missverständnisse rund um Nebenwirkungen und Sicherheitsbedenken

Im Netz liest man häufig, Bravecto sei ein „reines Gift“, da es auf sogenannte GABA-Rezeptoren wirkt – Rezeptoren, die sowohl Parasiten als auch Säugetiere (wie Hunde) besitzen. Viele fürchten, das Medikament könne so auch Hunden schaden.

Allerdings gibt es hier ein großes Missverständnis: Die GABA-Rezeptoren von Insekten unterscheiden sich von denen bei Säugetieren. Die Wirkstoffe dieser Gruppe, sogenannte Isoxazoline, wirken sehr selektiv auf die Rezeptoren der Parasiten und sind für Säugetiere erst in extrem hohen Dosen gefährlich. Selbst eine fünffache Überdosierung gilt laut Studien als sicher für Hunde. Wer sich genauer dafür interessiert, kann sich in dieser wissenschaftlichen Übersicht zu Fluralaner und vermuteten Nebenwirkungen informieren.

Die Bindungsaffinität von Isoxazolinen an GABA-Rezeptoren von Säugetieren ist sehr gering, weshalb das Risiko für Nebenwirkungen deutlich niedriger ist als oft behauptet.

Welche Nebenwirkungen sind tatsächlich möglich?

Kein Medikament ist ohne Nebenwirkungen. Für Bravecto nennt das offizielle Informationsblatt vor allem kurzfristige Magen-Darm-Probleme wie Durchfall, Erbrechen oder Appetitlosigkeit. Diese sind meist harmlos und verschwinden von selbst wieder. Schwere Komplikationen sind selten, was auch durch umfangreiche Sicherheitsstudien bestätigt wird.

Viele Sorgen entstehen, weil negative Erfahrungen schnell viral gehen, während die allermeisten Patienten problemlos profitieren. Die emotionale Wucht der wenigen Einzelfälle dominiert die Wahrnehmung – eine typische Verzerrung, die als Konfirmationsfehler bekannt ist. Man sieht eher, was man erwartet.

Warum ist die Angst vor „Chemie“ so groß?

Viele Hundebesitzer stehen Medikamenten gegen Parasiten skeptisch gegenüber. Das liegt nicht daran, dass sie irrational wären – sondern daran, dass Informationen selten klar und verständlich vermittelt werden. Als Tierärzte haben wir lange zu wenig erklärt, warum Zecken- und Flohschutz wichtig ist und wie die Präparate wirken. Das ist ein Versäumnis, das wir dringend aufholen müssen.

Manche versuchen stattdessen, auf Hausmittel wie Kokosöl oder Bernsteinketten zu setzen. Leider helfen diese Methoden nicht zuverlässig und bieten keinen ausreichenden Schutz vor gefährlichen Infektionen.

Wie sollte man Zeckenschutz für Hunde abwägen?

Jede Maßnahme birgt Risiken und Nutzen. Wer sein Tier schützen möchte, muss beides gegeneinander abwägen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Hunde durch Zecken an Krankheiten wie Babesiose oder Borreliose erkranken, ist real und steigt jedes Jahr. Eine Studie zur Infektionsgefahr durch Zecken zeigt, dass pro Hund im Schnitt acht Zecken pro Jahr gezählt werden.

Wenn ein Präparat wie Bravecto zuverlässig schützt und nur selten milde Nebenwirkungen verursacht, ist es für viele Hundehalter die beste Wahl. Im Zweifel lohnt sich immer das Gespräch mit dem eigenen Tierarzt. Dort bekommt ihr eine Empfehlung, die zu eurem Hund und euren Lebensumständen passt.

Fazit: Keine Panik, sondern Wissen und Abwägung

Es gibt derzeit keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Bravecto Hunde tötet. Einzelne traurige Fälle sind keine Grundlage, um ein Medikament pauschal zu verurteilen. Die meisten Fachleute und Studien bestätigen: Der Nutzen von Zeckenschutzmitteln wie Bravecto überwiegt die Risiken für gesunde Hunde deutlich. Wer sein Tier schützen möchte, sollte sich nicht von Internet-Mythen leiten lassen, sondern auf Daten und ärztliche Beratung setzen.

Bleibt wachsam, informiert euch aus seriösen Quellen und schützt eure Hunde – denn Zecken und Flöhe sind das eigentliche Risiko, nicht die Tablette.

Weitere Informationen und wissenschaftliche Hintergründe findet ihr in:

Sprecht mit eurem Tierarzt, wenn ihr unsicher seid. Schützt eure Hunde und bleibt kritisch gegenüber Meinungen aus dem Internet – Fakten sind der beste Ratgeber!